142. Beitrag

Die erste Woche zuhause ist geschafft:-). Letzte Woche Dienstag ging es nach 10 Wochen Krankenhaus wieder heim und da bin ich nun:-).

Gelandet. In der Realität und im echten Leben. In meiner Wohnung. Im Alltag. Die Vorfreude war groß und ich konnte es in der letzten Krankenhauswoche kaum erwarten, nach Hause zurückzukehren. Nun ist es zum Teil umgekehrt. Ein Teil von mir wünscht sich die Sicherheit des Krankenhauses zurück; der andere Teil ist so froh, dass wieder Ruhe einkehrt und die dauerhaft hohe Anspannung, die eine Traumatherapie mit sich bringt, endlich auf ein normales und erträgliches Niveau sinkt. 

Nun heißt es, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Mir eine Tagesstruktur aufzubauen, wieder arbeiten zu gehen, den Haushalt erledigen, einkaufen und möglichst viel von dem, was ich gelernt habe, in mein neues Leben zu integrieren. „Neues Leben“ schreibe ich ganz bewusst. In der Klinik habe ich nun endgültig verstanden, dass ich alleine dafür zuständig bin und niemand sonst. Weder meine Freunde bzw. Familie noch ein Therapeutenteam. Nein. Ich ganz allein. Zumindest was die Entscheidung für meinen neuen Weg angeht. Denn es ist eine Entscheidungsfrage. Zumindest bei mir. Ich muss mich bewusst dafür entscheiden, nicht mehr in der Opferrolle zu verharren, wenn ich zurück rutsche. Ich kann mich auch dafür entscheiden, im Hier und Jetzt zu leben bzw. Immer dahin zurückzukehren. Ganz bewusst. 

Liege ich zum Beispiel morgens zu lange im Bett und möchte nicht aufstehen, kann ich natürlich liegen bleiben. Wenn ich es zwischendurch mache, kann ich es akzeptieren und annehmen. Manchmal brauchen mein Körper und meine Seele diese Zeit eben. Mal mehr, mal weniger lang. Ich kann mir aber auch einen Wecker stellen und mir fest vornehmen, zu dieser Uhrzeit auch aufzustehen. Hat in der Klinik auch 10 Wochen geklappt. Warum also nicht auch zuhause? 

Im Moment fällt mir das Aufstehen morgens noch schwer, weil ich Angst vor dem Alltag habe. Vor der Alltagsbewältigung. Angst davor, mit all dem Organisatorischen, was noch ansteht, überfordert zu sein. Angst zu versagen? Angst vor der Verantwortung, die ein autonomes Leben mit sich bringt? Angst vor der Angst? Angst vor Ablehnung? Dieser Angst gilt es ganz langsam zu begegnen, indem ich mir nicht zuviel für den Tag vornehme. Am Tag der Rückkehr habe ich nur einen Koffer ausgepackt. Am nächsten Tag erst den zweiten. Zwischendurch habe ich Wäsche gewaschen und mein Bett frisch bezogen. Kleine Dinge, durch die ich langsam wieder zuhause angekommen bin. Durch aktives Handeln. Auch das ist eine Entscheidung. Eine Entscheidung, die ich umsetzen kann und will. In meinem Tempo. Das ist entscheidend! Mich nicht gleich von Anfang an zu überfordern sondern langsam anzukommen. Es braucht eh so lange wie es braucht. Da kann ich nichts erzwingen. Es wird sich schon alles fügen. Wenn ich es denn zulasse; mich einlasse. És mir wert bin, mir die Zeit auch zu geben. Und es zu akzeptieren, wenn es mal nicht so schnell geht. 

Dadurch wird auch die Angst automatisch kleiner. Wenn ich ihr beweise und zeige, dass ich alles im Griff habe und mir sonst auch Hilfe und Unterstützung von außen suche, wenn ich alleine nicht weiterkomme. Wenn ich die Angst annehme, anstatt sie zu unterdrücken. Mich mit ihr an einen Tisch setze und sie anhöre. Ich sie frage: „Wovor genau hast du Angst?“ Dann heißt es für mich zuzuhören und sie ernst zu nehmen. Sie will ja gehört werden und hat eine Botschaft für mich. Diese Botschaft ist nur nicht immer realistisch. Deshalb ist meine Lieblingsantwort stets: „ Wollen wir es nicht mal versuchen?“. Dem ganzen eine Chance geben und mein Leben nicht von der Angst bestimmen zu lassen. Das ist es, woran ich in Zukunft noch mehr arbeiten möchte. Meine Gefühle annehmen und sie auf die Realität überprüfen. Die Intensität der Gefühle wird auch wieder weniger. Sie ebben auch wieder ab. Wie eine Welle. In der Klinik wird dieses Aufschäumen und Abebben der Gefühle auch als Emotionssurfing bezeichnet. Das finde ich sehr passend. Dadurch habe ich weniger Angst davor, meine Gefühle zuzulassen sondern kann sie annehmen; mit dem Wissen, dass sie keinen Besitz mehr von mir ergreifen können sondern ich in der Lage bin, sie auszuhalten. Bis es wieder besser wird. Probiert es mal aus:-). Bis bald, eure Nina

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