Archiv der Kategorie: Herzlich willkommen

114. Beitrag

Die letzte Woche ist gut für mich gelaufen. Die Anspannung ist deutlich gesunken. Das Schreiben hat mir dabei sehr geholfen, meine Gedanken zu ordnen und wieder einen klaren Blick für das Wesentliche zu gewinnen. Spannende Erkenntnisse kommen dabei heraus!

Eine für mich sehr richtungsweisende und befreiende Erkenntnis ist folgende: Ich verharre permanent in der Opferrolle. Dadurch habe ich ständig das Gefühl, von meinen eigenen Gedanken fremdbestimmt zu sein. In der falschen Art und Weise. Eine Art und Weise, die mich nicht vorankommen lässt. Die mich von der Stimmung her runterzieht; mir ständig das Gefühl gibt, nichts mehr zu können; nicht mehr belastbar zu sein… Die Gedanken sind sehr laut und stark… So laut und stark, dass sie bei mir über eine viel zu lange Zeit Überhand genommen und mich permanent in einer schweren Depression gehalten haben. Okay, es kamen von außen auch Aspekte, wie zum Beispiel Corona und die damit verbundenen Einschränkungen und Einschnitte hinzu, aber der Größte Anteil lag an meinem Verharren in der Opferrolle.

Warum ist das so? Machen Erfolge Angst? Macht es mir auch Angst irgendwann beruflich wieder auf eigenen Beinen zu stehen und dafür wieder selber verantwortlich zu sein? Wieder frei zu sein? Ich glaube, dass diese Fragen bei mir eine wesentliche Rolle spielen. Natürlich neben all den Ereignissen, die in meinem Leben geschehen sind und mich auch zum Opfer haben werden lassen… In jungen Jahren. Aber auch später als Jugendliche und Erwachsene. Ich führe diese Rolle als Erwachsene nun selber fort. Ist ja vertraut und macht keine Angst.

Ich muss jeden Tag wieder erkennen, dass ich heute kein Opfer mehr bin sondern Erwachsen und für mich selber verantwortlich. Nur für mich und sonst für niemanden. Nur ich kann selber entscheiden, was ich mit mir machen lasse und was nicht. Ich kann und darf so viel mehr, als ich mir selber zutraue und zugestehe. Auch ich darf glücklich sein- genau wie jeder andere auch. Ich muss mich nur dafür entscheiden. Die Angst überwinden und „einfach mal machen“. Wieder etwas ausprobieren; mir zutrauen; testen; mir vieles zugestehen und erlauben.

Einfach Leben.

Das wird meine Aufgabe für die nächsten Tage sein. Ich werde euch mitnehmen und berichten.

Bis bald, eure Nina

113. Beitrag

Lange schon ist mein letzter Blogeintrag her. Mir fehlte einfach die Kraft um weiterzuschreiben. Mittlerweile geht es mir aber langsam besser, sodass ich mich hoffentlich wieder mehr meinem Blog widmen kann.

Aus der Tagesklinik habe ich sehr viel Schwung und Motivation mitgenommen. Mir hat es sehr gut getan zu spüren, was noch alles in mir steckt und was ich kann, wenn ich die Chance dazu bekomme. Wenn ich gefordert werde. Diesen Schwung habe ich genutzt und habe mir meinen Alltag zurückerobert; habe mir wieder eine Struktur erschaffen, die mir einen vernünftigen Tagesablauf ermöglicht. Aufstehen, Haushalt machen, wichtige Termine wahrnehmen, essen, … All das klappt mittlerweile wieder relativ gut. Zudem habe ich wieder zur progressiven Muskelentspannung zurückgefunden, die mir sehr dabei hilft, meine Anspannung in den Griff zu bekommen. Genauso wie lange Spaziergänge und Aufenthalte in der Natur. Auch die Bauchatmung hilft mir dabei, die häufig sehr hohe und starke Anspannung besser in den Griff zu bekommen.

Die letzten Monate waren leider durch eine extrem hohe Anspannung geprägt. So schlimm und stark habe ich es bisher bewusst noch nie erlebt… Ziemlich beängstigend und verstörend. Es brodelt sehr im Hintergrund… Mein Herz rast häufig. Besonders vor dem Einschlafen und beim Aufwachen. Wenn ich es nicht bewusst kontrollieren kann. Nachts, wenn ich tief und fest schlafe, fühlt es sich aber langsam und ruhig an. Manchmal drehe ich mich im Schlaf um und bin dann nur halb wach. Da merke ich aber, dass es ruhig und somit vollkommen in Ordnung ist. Ich bin momentan ziemlich gestresst, da ich so gerne wieder arbeiten würde. Die Tagesklinik hat mir ja gezeigt, dass ich es schaffen kann, wenn ich die Chance dazu bekomme. Vom Jobcenter aus bin ich jetzt in die Reha Abteilung gewechselt und habe Anfang August ein Infogespräch für eine 4-wöchige Maßnahme zur Belastungserprobung. Das löst diffuse Gefühle in mir aus, die zu einem ordentlich hohen Stresspegel und damit verbunden einer sehr hohen Anspannung führen. Einerseits wünsche ich mir nichts anderes, als wieder arbeiten zu gehen; andererseits weiß ich nicht, ob ich einer dauerhaften Belastung standhalten kann… Über Wochen, Monate, Jahre hinweg… Ob das richtig ist??? Ich weiß es nicht. Zum Glück ist es erstmal nur ein Infogespräch.

Ansonsten komme ich ganz langsam wieder dahin, meine aktuelle Situation wieder besser akzeptieren und annehmen zu können. Ich habe von der Depression her nun einfach die schwersten 1,5 Jahres meines Lebens hinter mir… Ein ständiger Tanz am Abgrund. Da kann ich jetzt nicht erwarten, dass wenige Monate später alles wieder wie am Schnürchen läuft und funktioniert. Und scheinbar erwarte ich es doch. Zumindest unterbewusst. Das gilt es jetzt zu händeln und mir die Realität immer wieder bewusst zu machen. Wo stehe ich wirklich und wo wäre ich gerne??? Eine riesengroße Diskrepanz… Das musst ich aber erstmal merken. Was ich von mir verlange und erwarte…. Da ist es vollkommen klar, dass der Stresspegel so hoch ist, dass ich die Auswirkungen am ganzen Körper spüre. Nacken- und Schulterverspannungen, Schwindel, Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen,…. Alles nicht feierlich… Und doch vorhanden.

Wie gut, dass ich es endlich verstanden habe, was wirklich schiefläuft! Mit zwei gebrochenen Beinen kann auch niemand einen Berg besteigen. Eine psychische Erkrankung ist, auch wenn man sie nicht sehen kann, eine große Einschränkung! Die kann man nicht mal eben so beseitigen. Da gilt es jeden Tag, behutsam mit sich selber umzugehen. Ich frage mich dann zum Beispiel selber immer, was heute möglich ist und was nicht. Kann ich Termine, die für den Tag anstehen, wahrnehmen oder nicht? Ist dies nicht der Fall, muss ich sie leider absagen. Oft merke ich schon abends kurz vorm Einschlafen, dass etwas zuviel ist; mich überfordert und stresst. Dann kann ich nämlich trotz Schlafmittel nicht einschlafen und meine Herz rast extrem. Die Gedanken halten mich wach… Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als nachts den Termin oder die Verabredung, die stresst und Druck macht, abzusagen. Erst dann finde ich zu meinem wohlverdienten Schlaf zurück. Das ist mir in letzter Zeit öfetr so ergangen. Letztendlich haben mich diese Nächte aber auch wieder stärker dafür sensibilisert, besser auf mich aufzupassen und mir nicht zuviel zuzumuten. Eher mal „nein“ als“ ja „. Nein zu den Stressfaktoren und ja zu mir. Ja zu meiner Gesundheit. Ja zu mehr Akzeptanz und Annahme mir selber gegenüber. Und letztendlich immer wieder ja zu meinem Leben.

Das werde ich jetzt weiter fortführen und wieder besser auf mich aufpassen. Annehmen was ist. Das wünsche ich euch auch.

Bis bald, eure Nina

112. Beitrag

Seit dem letzten Beitrag hat sich sehr viel verändert:-). Alles zum Positiven! Soviel sei vorweg gesagt, denn seit 1,5 Wochen befinde ich mich in der Tagesklinik. Der erste Tag war noch sehr aufregend und anstrengend. Ich musste mich erst einmal in dem Gebäude zurecht finden, mich auf meine Mitpatienten einlassen, sämtliche Informationen verarbeiten und die Aufnahmeuntersuchungen-/ Gespräche hinter mich bringen. Und natürlich morgens früh aufstehen um pünktlich anwesend zu sein. Letzteres fiel mir erstaunlicherweise sehr leicht. Da hatte ich am allerwenigsten mit gerechnet; fiel mir doch das Aufstehen in den letzten Monaten sehr schwer… Letztendlich hatte ich am meisten Angst davor, morgens nicht aus dem Bett zu kommen; nachts nicht schlafen zu können;nicht stark genug zu sein, das Pensum der Tagesklinik durchzuhalten.

Mein Selbstvertrauen hat in den letzten Monaten sehr gelitten und wurde durch die schwere Depression ziemlich in mir vergraben, sodass ich mir zum Schluss fast überhaupt nichts mehr zugetraut habe. Am allerwenigsten, früh morgens aus dem Bett zu kommen. Der erste Schritt ist immer der schwerste! Und ich bin den ersten Schritt gegangen. Erfolgreich! Jeden Morgen wieder;Tag für Tag. Oft bin ich sogar ein paar Minuten vor dem Weckerklingeln wach, sodass ich langsam zu mir kommen, mich räkeln und strecken kann; langsam wach werde und anschließend bereit bin, in den Tag zu starten:-). Bereit bin, mir jeden Tag wieder eine neue Chance zu geben.Die Tagesklinik aufzusuchen, am Programm teilzunehmen, mich einzulassen, Altes wieder neu zu entdecken; neue Erfahrungen zu machen und endlich wieder nach vorne sehen zu können! Wieder eine Perspektive für mich zu sehen und wieder ins Vertrauen zu kommen. Vertrauen in andere Personen. Und letztendlich Vertrauen zu mir selber. In mich. In meine Fähigkeiten und Stärken. In meine Handlungs- und Organisationsfähigkeiten. Und in alles andere, was zum Leben gehört. Letztendlich ins Leben selber.

All das habe ich mir bisher in der Tagesklinik zurückholen können. All das und noch so viel mehr. Jeden Tag steht Bewegung auf dem Plan. Kein Sport sondern nur einfache Bewegung. Sei es ein Spaziergang, Dehnen, Strecken, Balancieren, Gymnastik, Körperwahrnehmung, … Im Prinzip alles banale und alltägliche Bewegungen und Bewegungsabläufe. Diese Stunden lösen bei mir oft Blockaden. Sei es auf körperlicher oder mentaler Ebene. Körperlich habe ich das Gefühl, dass ich beweglicher geworden bin und sich Verspannungen lösen. Dadurch habe ich weniger Schmerzen! Auf der mentalen Ebene war es tatsächlich so, dass ich plötzlich spüren und wahrnehmen konnte, wie sehr mich die Nacht in der Notaufnahme vor einem Monat noch belastet hat! Sie hat mich sogar so sehr belastet, dass ich sie regelrecht verdrängt hatte. Dieser Verdrängungsmechanismus verursacht starke Schmerzen- auf körperlicher und mentaler Ebene. All die Ängste, mich nicht verständlich machen zu können. Die Angst davor, was passiert, wenn ich es nicht schaffe, mich verständlich zu machen… Zu wissen, dass ich es alleine zu Hause nicht mehr schaffen kann… All diese Ängste sind furchtbar! So furchtbar, dass ich in den letzten Wochen nicht in der Lage war, mich ihnen zu stellen. Da hilft nur noch Verdrängung, wenn ich mit den Ängsten nicht mehr umgehen kann. Diese Situation hat sich durch eine Stunde Körperwahrnehmung aufgelöst bzw. die Ängste haben angefangen, sich zu lösen; ins Bewusstsein zu drängen; sichtbar zu werden… Am nächsten Tag konnte ich diese Ängste im Einzelgepräch rauslassen. Rausweinen. Fast schon explosionsartig. Ich konnte nicht nur die Ängste rauslassen sondern auch die ganze Nacht in der Notaufnahme aufarbeiten. All den Schmerz, die Trauer, die Verzweiflung, die Ausweglosigkeit…. Alles was mir unerträgliche Schmerzen zugefügt hat konnte ich in einer Stunde Einzeltherapie loslassen. Begleitet durch eine wahre Tränenflut, die auch den ganzen Tag angehalten hat.

Seitdem fühle ich mich erleichtert! Seitdem habe ich wieder Hoffnung und Mut, dass ich den Funktionsmodus, den Überlebensmodus, wieder verlassen und ins Leben zurückkehren kann! Nicht mehr eine Überlebende sondern wieder eine lebendige Nina zu werden und zu beiben. Die Tagesklinik ist dabei ein wichtiger und entscheidender Schritt bevor es danach wieder ambulant weitergeht. Ich werde meine Chance nutzen und alles dafür tun, dass es mir in Zukunft wieder gut geht:-)! Werde alle Stricke annehmen, um mich wieder aus dem Sumpf zu ziehen und wieder ins echte Leben zurückzukehren. Dabei dürft ihr mich auch weiterhin begleiten:-).

Bis bald, eure Nina

111. Beitrag

Heute kommt endlich wieder ein neuer Beitrag von mir:-).

Ich muss gestehen, dass es mir momentan ziemlich schwer fällt regelmäßig neue Beiträge zu verfassen. Seit Anfang November ging es ja stetig bergab… Zwischendurch gab es zum Glück auch gute Momente, ab und an sogar mal einen komplett guten Tag. Da habe ich immer Hoffnung gehabt und gedacht, dass es wieder bergauf geht. Leider war das nicht der Fall. Deshalb habe ich auch keine Beiträge mehr verfasst, da ich auch nicht mehr wusste, was ich noch Postives oder Aufbauendes schreiben konnte. Mir fehlte schlicht und ergreifend die Kraft.

Mein Anliegen ist ja, auch die schönen Momente, die gute Zeiten, die positiven Seiten zu beschreiben und zu zeigen, dass man trotz dieser Störung ein zufriedenes und gutes Leben führen kann- mit all seinen Höhen und Tiefen, mit all den Extremsituationen; letztendlich auch mit all den Begleiterkrankungen, die mit der Borderline Störung in der Regel einhergehen, wie Depressionen und vielfältigen Traumafolgeerkrankungen, wie es auch bei mir der Fall ist. Dass diese Kombination keine einfache ist war mir schon immer klar. Dass diese Kombination bei mir aber das erste Mal akut lebensbedrohlich geworden ist, ist mir erst in der Notaufnahme im Krankenhaus bewusst geworden. In dem Moment, in dem ich im Wartebereich saß, wusste ich, dass ich unter gar keinen Umständen mehr allein nach Hause zurückkehren kann.

Zum Glück habe ich es geschafft, dem Arzt dort meinen Zustand deutlich zu machen, sodass ich gleich stationär aufgenommen wurde. Seit dem Abend nehme ich auch wieder ein Antidepressivum und ein Medikamt für die Nacht, damit ich überhaupt wieder schlafen kann. Das ging nämlich schon seit Anfang November fast überhaupt nicht mehr. Die letzten Wochen konnte ich auch fast nichts mehr essen, mir war dauerübel, ich habe immer mehr an Gewicht verloren und bin immer schwächer geworden… Zum Schluss habe ich fast nur noch geweint… Meine Stimmungsschwankungen waren nicht mehr zu kontrollieren… Hinzu kam auch eine immer stärker werdende Impulsivität und letztendlich dann die extremen Suizidgedanken… Ich konnte einfach nicht mehr… Ich hatte keine Kraft mehr und war ziemlich am Ende… Der Wunsch nach Erlösung war zu stark… Deshalb bin ich in die Notaufnahme gegangen und danach freiwillig in die Psychiatrie. Allerdings auf eine offene Station. Das war auch gut so! Mir hat es sehr geholfen zu wissen, dass ich jederzeit gehen kann. Das hat mir viel Druck genommen! Zu wissen, dass alles auf freiwilliger Basis geschieht und nichts über meinen Kopf hinweg entschieden wird. Mir hat auch der Abstand zu meiner Wohnung geholfen! Ich habe mich zuhause ja schon lange nicht mehr wohl gefühlt und war ständig auf der Flucht…Total furchtbar… Zwischendurch habe ich mich wie eine Obdachlose gefühlt… Ich wusste zum Schluss überhaupt nicht mehr, wo ich noch hin sollte, hin konnte im Winter… Draußen war es zu kalt, drinnen habe ich es nicht mehr ausgehalten. Und mich irgendwo im öffentlichen Raum aufhalten, wie zum Beispiel in der Stadtbibliothek, im Bahnhof, am Flughafen, etc ging alles wegen Corona nicht. Und andere Menschen an mich ranlassen ging schonmal gar nicht. Vielleicht könnt ihr jetzt verstehe, in was für einer ausweglosen Situation ich mich über Monate hinweg befunden habe?! Wo sollte ich noch hin? Das wusste ich einfach nicht mehr. Gefühlt hatte ich keinen Platz mehr auf dieser Welt. Kein zuhause mehr, keine Perspektive (auch durch Corona; dadurch, dass so viel weggebrochen ist und all meine Zufluchtsorte geschlossen haben)… Im Nachhinein weiß ich überhaupt nicht mehr, wo ich noch die Kraft hergenommen habe, um überhaupt noch weiterzumachen… Meine Situation war so ausweglos… Und trotzdem habe ich es geschafft!!!! Mein letzter Ausweg war wirklich die Notaufnahme im Krankenhaus! Irgendwo, tief in mir drin, habe ich gespürt, dass ich dort genau den Impuls bekomme, um wieder ins Leben zurückzukehren, um weiterzuleben, um wieder nach vorn schauen zu können…

Mir hat der Aufenthalt in der Psychiatrie zum Glück das Leben gerettet!!!! Dort habe ich die richtigen Impulse bekommen. Allein durch den Schutz, den ich dort bekommen habe, konnte ich plötzlich wieder essen! Mir war nicht mehr übel, ich hatte keine Magenschamerzen mehr, habe nicht noch weiter abgenommen sondern bin wieder stärker geworden. Ich habe wieder eine Perspektive und weiß jetzt, wie es weitergeht. All das werde ich ab nächster Woche in der Tagesklinik weiter verfolgen und festigen können. Ab Mittwoch geht es in diesem Rahmen weiter. Also erst Psychiatrie, danach Tagesklinik. Es wird bestimmt nicht ganz einfach, da ich ja nun wieder zuhause bin und sich die Situation hier nur wenig entspannt hat. Deshalb werde ich mich gleichzeitig auch nach einer anderen Wohnung umsehen. Mal sehen, ob ich das alles miteinander vereinbaren kann oder ob mich beides zusammen überfordert… Für die Zukunft wird es auf jeden Fall extrem wichtig sein, dass ich eine für mich ruhigere Umgebung finde. Allein schon deshalb, damit mein Anspannungsniveau nicht permanent hoch ist und ich den ganzen Tag damit beschäftigt bin, es wieder zu senken… Das ist nämlich extrem anstrengend!!! Da bleibt für alles andere kein Platz mehr. Zum Glück steht der Frühling vor der Tür:-). Da kann ich mich endlich wieder längere Zeit draußen aufhalten. Und es ist wieder viel länger hell. Das Licht tut auch gut:-). Die zunehmend steigenden Temperaturen auch:-).

Ich habe lange überlegt, ob ich drüber schreiben möchte. Es hat mich schon ziemlich Überwindung gekostet, über diese sehr schlimme und schwere Zeit zu schreiben. Denn lieber hätte ich von schöneren Gegebenheien erzählt.. Leider gehört aber auch dieser Teil zu der Borderline Störung dazu. Das sollte man, bei all den schönen Momenten und Situationen, nie vergessen. Das möchte ich auch nicht verheimlichen- so schwer es auch ist, darüber zu schreiben. Es ist eben auch ein Teil der Erkrankung, mit dem es zu Leben gilt.

Heute habe ich mich das erste Mal seit langem wieder auf die Zukunft gefreut:-). Und endlich wieder das Gefühl verspürt, dass es aufwärts geht; dass mein Leben wieder besser wird:-). Die Richtung stimmt auf jeden Fall! Und es gibt noch so viele mehr zu berichten. Also dann bis bald, eure Nina

110. Beitrag

Und schon sind wieder zwei Wochen vergangen:-). Zwei Wochen mit einigen schlechten und gleichzeitig auch vielen guten Tagen und Momenten. Noch gibt es keine ganzen Tage, an denen es mir durchgängig gut geht. Dazu war dieses Jahr zu heftig. Aber genau deshalb weiß ich die guten Momente so sehr zu schätzen! Der warme Kaffee am morgen; das Gefühl, dadurch richtig wach zu werden; Spaziergänge und damit verbunden das Gefühl, dass viel Druck abfällt; Momente der Entspannung beim Backen, beim Puzzlen, Lesen, Musik hören, Putzen; Momente der Faszination, wenn ich abends in der Nähe des Hafens spazieren gehe und mich über all die schönen Lichter freue. Besonders, wenn aus den Stahlwerken eine Flamme den Himmel in ein tiefes Rot taucht und all die Industriegebäude, Kräne, etc. in ein romantisches Licht setzt…. So etwas fasziniert mich sehr! Es sind oft diese ganz kurzen, ungeplanten und schnell vergänglichen Momente, die so besonders sind. Die ich endlich wieder sehen und genießen kann… Ohne mein Antidepressivum, durch das ich die Welt und das Leben häufig nur gedämpft, wie durch einen Schleier, wahrnehmen konnte… Ich bin mir selber so unglaublich dankbar, dass ich es geschafft habe, das Antidepressivum abzusetzen! Dadurch habe ich so viel Lebensqualität gewonnen! Allein dadurch, dass ich nun all die kleinen Momente des Alltags wieder wahrnehmen und mich an ihnen erfreuen kann! Und letztendlich wieder mehr im Leben verankert bin.

Natürlich ist es ohne dieses Medikament oft auch schwer… Meine Wahrnehmung ist sehr geschärft…Dadurch bin ich oft überreizt und immer wieder mal überfordert. Besonders schwer auszuhalten ist die Geräuschüberempfindlichkeit. Das macht es mir nachts zusätzlich schwer zur Ruhe zu kommen… Trotz Ritualen und ein paar Tropfen meines Beruhigungsmittels. Hinzu kommt noch, dass es bei uns im Haus sehr hellhörig ist und sich zudem eine Bäckereifiliale im Haus befindet, die nachts mit Ware beliefert wird. Da ist es mit der Nachtruhe nicht mehr so weit her… Tagsüber höre ich auch permanent die Eingangstür der Bäckerei, die ständig ins Schloss fällt und mich extrem nervt… ich bin nun mal mehr zuhause als unterwegs. Da schließen sich bestimmte Dinge gegenseitig aus.. Darunter leide ich sehr! Zumal ich auch nicht weiß, was nun richtig ist… Auf Dauer werde ich mir mit Sicherheit eine neue Wohnung suchen. Andererseits habe ich hier alles, was ich brauche. Und nach wie vor ein Gefühl von zuhause sein! Das habe ich in den letzten Wohnungen nur selten bis gar nicht gefühlt. Das macht es mir sehr schwer, mir eine neue Wohnung zu suchen. Zumal ich diese Geräuschüberempfindlichkeit schon mein ganzen Leben miit mir rumschleppe… Somit würde ich sie auch mit in meine nächste Wohnung nehmen… Deshalb sehe ich langfristig nur eine Möglichkeit: Eine weitere Traumatherapie, da ich ja weiß, woher diese Anfälligkeit herkommt… Da werde ich mich jetzt intensiv drum bemühen.

Zum Glück habe ich meine Ergotherapeutin, die mich auch in dieser Problematik sehr unterstützt und mir dabei hilft mich zu stabilisieren, damit ich die Traumatherapie dann auch durchhalten und schaffen kann…. Wir haben dieses Jahr bei der Krankenkasse eine Langzeitverordnung beantragt, die nach wenigen Tagen bereits bewilligt war!!! Das war eine riesengroße Überraschung und macht mir sehr viel Mut und Hoffnung!! Damit hätte ich im Leben nicht gerechnet! Ich habe gedacht, dass es wieder mal nur ein einziger Kampf wird, die Verordnung zu bekommen, die ich so dringend brauche.. Überhaupt musste ich dieses Jahr so viele Kämpfe ausfechten und funktionieren…. Da war mit Leben nicht mehr viel… Deshalb habe ich jetzt wieder mehr Hoffnung auf Verbesserung meiner Lebenssituation und Lebensqualität! Bis Ende November darf ich nun einmal pro Woche zu meiner Ergotherapeutin gehen und mit ihr arbeiten. Kurzfristig haben wir für mich in Bezug auf die Geräuschüberempfindlichkeit schon einiges erreichen können: So habe ich die Möglichkeit, mich abends, wenn meine Nachbarn noch wach sind und mich diese Tatsache nicht zur Ruhe kommen lässt, eine zeitlang im Flur vor der Tür zu schlafen (auf einer richtigen Matratze). Das gibt mir dann den nötigen Abstand um wieder mehr zu mir zu kommen.

Durch die Gespräche in der Ergotherapie habe ich für mich auch (wieder mal) festgestellt, dass es mir auch in dieser speziellen Situation hilft, den Bezug zu mir zu halten. Sei es, dass ich die ganze Zeit meinen Igelball oder andere Gegenstände in der Hand behalte, öfter dusche als sonst, mir häufig eine Massage auf meiner Massageliege gönne, abwasche, puzzle, … Also alles dafür tue, damit ich mich spüren kann. Denn sobald ich mich nicht mehr spüre oder den Bezug zu mir verliere, schießt die Anspannung in unerträgliche Höhen… Und dann bin ich natürlich erst Recht gereizt und überempfindlich…. Also achte ich im Moment besonders darauf, das Anspannungsniveau so niedrig wie möglich zu halten um mich nicht ständig hochzufahren und dadurch permanent geladen zu sein. Das sind zum Glück alles Dinge, die ich selber für mich tun kann. Mittel und Wege des Umgangs mit meiner hohen Anspannung. All das habe ich in der Psychotherapie gelernt und wende es auch heute noch erfolgreich an. Darin unterstützt mich meine Ergotherapeutin auch: Sie hilft mir immer wieder dabei, mich an Erlerntes zu erinnern und das Wissen wieder anzuwenden. Und gleichzeitig neue, kurzfristige Lösungen für akute Probleme zu finden, wie zum Beispiel die Idee, im Flur zu schlafen bzw. zu ruhen. Das ist so unglaublich wichtig!! Langfristige Lösungen, wie die Traumatherapie, dauern nun mal… Kurzfristige Lösungen helfen, erleichtern und nehmen viel Druck und Anspannung! Das wiederum hilft dabei, keine wichtige Entscheidungen übers Knie zu brechen sondern auch mal eine zeitlang abzuwarten, zu beobachten, wahrzunehmen… Um dann langfristig zu sehen, wie es weitergeht. Zum Beispiel mit meiner Wohnung.

Es bleibt spannend:-). Nun wünsche ich euch ein erholsames, ruhiges und achtsames Adventswochenende. Bis bald,

eure Nina