Archiv der Kategorie: Herzlich willkommen

144. Beitrag

Heute wieder ein neuer Beitrag:-).

Das erste mal vom Computer aus meinem neuen Büro, das ich seit 2,5 Monaten habe. Das erste Jahr in meiner Selbstständigkeit habe ich mein Büro von zuhause aus genutzt. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass ich dann die meiste Zeit nur zuhause bin und das Leben ein bisschen an mir vorbeizieht… Und  ich zu viel alleine bin, was sich immer wieder negativ auf die Depression auswirkt. 

Einsamkeit ist generell ein großes Thema bei mir. Ich bin nicht allein, fühle mich aber oft von der Welt abgeschnitten, einsam und oft nicht dazugehörig… Mittlerweile weiß ich, dass es ein Symptom der Depression ist. Ein Teil in meinem Kopf, der eben nicht richtig funktioniert und mir immer wieder eine falsche Realität vorgaukelt… Das ist oft schwer zu begreifen und zu verstehen. Für mich ebenso wie für meine Angehörigen und Freunde. 

Mittlerweile habe ich akzeptiert, dass es eben ein Symptom ist und ich nichts dafür kann. Es nicht meine Schuld ist. Ich aber etwas gegen dieses Gefühl tun kann, indem ich bewusst in den Kontakt gehe. Meist nur per Whatsapp, manchmal aber auch direkt durch Treffen. Sofern es mir möglich ist und mich nicht zu sehr überfordert. Oft reicht dann schon eine Sprachnachricht über Whatsapp, um eine vertraute Stimme zu hören, wie vor zwei Tagen die Sprachnachricht von einer ehemaligen Mitpatientin. Das hat so gut getan und mich dazu bewegt, drüber nachzudenken, mal mit ihr zu telefonieren. 

Telefonieren fällt mir extrem schwer.. Obwohl es eigentlich so schön ist und auch viel eher mal möglich als ein persönliches Treffen. Von meiner Seite aus rufe ich nie jemanden an. Es kann aber durchaus vorkommen, dass mich jemand anruft. Dann gehe ich sogar ran:-). Irgendwie habe ich beim telefonieren, wenn ich jemanden anrufe, immer Angst, dass es der Person nicht passt, sie eigentlich gar keine Lust darauf hat aber nur zu nett ist, um es mir zu sagen. Angst davor, dass ich störe und eine Last bin. Und wahrscheinlich auch Angst davor, dass die Person mich sowieso nicht mag und keine Lust auf mich hat. 

Allgemein ist es in der Depression bei mir immer so, dass ich mich als Belastung für die Welt sehe und immer das Gefühl habe, die anderen Menschen wären ohne mich besser dran. Damit bin ich auch nicht alleine, mit diesem Gefühl bzw. diesen Gedanken, die ja mit der Realität meistens nichts zutun haben. Deshalb fällt es mir, wie auch jetzt in der der depressiven Phase, leichter, nur oberflächigen Kontakt mit möglichst fremden Menschen zu haben, da sie mich ja nicht kennen und dementsprechend keine Erwartungen an mich haben. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich mich dann aus meinem Freundeskreis zurückziehe, weil ich nicht weiß, wie ich mich ihnen gegenüber verhalten soll bzw. es überhaupt noch kann, da die Kraft oft fehlt, auf mein Gegenüber einzugehen, für die es ja auch schwer ist, mit anzusehen, wie es mir grade geht. Das tut mir dann auch weh, weil ich ja nicht möchte, dass meine Liebsten wegen mir traurig sind. 

Der oberflächige Kontakt, wie ich ihn jetzt in meinem Büro mit den anderen Menschen, die ebenfalls ihr Büro hier haben, habe, ist aber genau richtig und hilfreich. Einfach Menschen sehen und hören, mich beim Kaffee holen kurz mit der Verkäuferin zu unterhalten, draußen auf der Straße das Leben zu sehen, holt mich auch wieder ein Stück ins Leben zurück. In diesem Stadtteil von Bremen ist immer was los:-). Sowohl unter der Woche als auch am Wochenende. Manchmal setzte ich mich auf dem Marktplatz auf eine Bank und bin dann einfach dabei. Das tut dann unheimlich gut! Das sind auch Dinge, die ich für mich tun kann, wenn meine Leute durch Arbeit und eigenes Leben nicht viel Zeit für ein Treffen haben. Dann schaue ich, dass ich meine Wohnung verlasse und raus ins Leben gehe. Denn das schlimmste, was ich in einer depressiven Phase tun kann ist, alleine zu hause zu bleiben und im schlimmsten Fall noch fast den ganzen Tag auf dem Sofa liegen zu bleiben. Mir fällt es zwar extrem schwer, an manchen Tagen meine Wohnung zu verlassen, aber es ist das einzige, was wirklich hilft. Selber in die Aktion zu kommen. Dabei spielt es auch keine Rolle, was genau ich mache. Wichtig ist nur, dass ich etwas mache und aus diesem Opfermodus rauskomme, in dem ich mich gefangen, handlungsunfähig und ausgeliefert fühle. Das ist eigentlich das schlimmste daran. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit und Handlungsunfähigkeit… Das kennen sicher die meisten von euch… Und da dann wieder rauszukommen, ist sehr schwer und nur in kleinen Schritten, mit größtmöglicher Überwindung und Kraft möglich! Aber es ist möglich. Und so wichtig! 

Ich lasse euch weiter dran teilhaben:-). Bis bald, eure Nina

143. Beitrag

Nun ist mein letzter Beitrag fast schon ein halbes Jahr her. Erstaunlich lange. Kommt mir gar nicht so vor. 

Seit meiner Rückkehr aus der Klinik war sehr viel los in meinem Leben. Ich musste erstmal wieder ankommen im Leben, im Alltag, im Hier und Jetzt. Vieles musste sich wieder neu einspielen. Einkaufen, mich ums Essen kümmern, putzen, Therapeuten suchen, mich um meine Firma kümmern, mich um mich selbst kümmern, möglichst viel Erlerntes aus der Klinik in den Alltag übernehmen, weiter an mir arbeiten, eine Balance zwischen Ruhe und Aktivität finden…. Ziemlich viel auf einmal.

In den letzten Monaten habe ich versucht, Struktur in mein Leben zu bringen. Möglichst zur gleichen Zeit aufstehen, mich waschen bzw. duschen, lüften und frühstücken. Dieser Ablauf ist jeden morgen der gleiche. Ganz konsequent. Egal, wie es mir grade geht. Den Rest des Tages kann ich freier verbringen und schauen, was für den Tag möglich ist und was nicht. Oft ändert sich mein Kraftlevel zum Teil noch relativ schnell. Fühle ich mich fit und fange nach dem Frühstück mit dem Alltag an kann es passieren, dass ich mich nach 1-2 Stunden schon wieder hinlegen und ausruhen muss. Und manchmal halte ich den ganzen Tag gut durch. Es schwankt noch sehr jeden Tag. 

Das anzunehmen fällt mir oft noch extrem schwer! Ich hadere sehr damit. Es macht mich oft traurig zu wissen, was früher ging und wie es heute aussieht. Verabredungen und Treffen nehme ich mir oft schon gar nicht mehr vor, weil ich Angst davor habe, dass es mir an dem Tag durch den Termindruck und Stress sowieso nicht gut geht und ich dann absagen muss. Allgemein sind feste Termine für mich problematisch, weil sie mir so viel Druck machen. Damit kann ich noch nicht gut umgehen, weil es mir durch die momentane Depression und Erschöpfung auch körperlich nicht gut geht und ich mich ständig hinlegen und ausruhen muss. Vieles geht dann nur häppchenweise. Oder eben auch gar nicht. Oder sehr langsam mit vielen Pausen.

Diese Erschöpfung ist schwer zu ertragen. Sie lähmt mich und knockt mich immer wieder aus. Alleine morgens aus dem Bett zu kommen ist immer ein Kraftakt. Ja. Das alles sind Depressionssymptome. Besonders die Erschöpfung und die Antriebslosigkeit. Am liebsten würde ich den ganzen Tag im Bett bleiben und schlafen. Mache ich aber nicht. Meine festen Strukturen morgens helfen mir dabei, jeden Tag aufzustehen. Manchmal stelle ich mir morgens im Bett auch den Kaffeeduft vor. Das hilft tatsächlich, denn auf meinem Kaffee morgens freue ich mich immer. Das ist eine große Motivation. Auch die Tatsache, dass ich ihn mir jeden Morgen selber zubereite zeigt mir, dass doch noch einiges geht.

Meine Depression sagt mir gerne, dass ich doch eh nichts schaffe und nichts mehr alleine auf die Reihe bekomme. Sie ist da sehr hartnäckig, die Gute… Dann zeige ich ihr jeden Tag, dass sie im Unrecht ist und ich viel stärker bin, als sie mir einreden möchte. Oft mit dem Erfolg, dass es mir schon deutlich besser geht, wenn ich am Frühstückstisch sitze. Ich lasse mir beim Frühstück auch alle Zeit, die ich brauche. In der Regel sind es immer 45-60 Minuten. Die sind notwendig, um bei mir anzukommen und mich für den Tag zu motivieren. Dann räume ich immer den Tisch ab und die Küche auf. Auch das gehört morgens zu meinem festen Ritual. Das mache ich auch, wenn ich da keine Lust drauf habe. So schaffe ich mir jeden Morgen eine Möglichkeit, so gut es geht in den Tag zu starten. Mit allem, was möglich ist. Oder auch nicht. 

Habe ich meine Routine morgens geschafft, ist es auch okay, mich anschließend noch für 1-2 Stunden aufs Sofa zu legen und mir etwas anzusehen. Mache ich aber nur selten. Meistens gehe ich in die Aktion; fahre in mein Büro oder packe Pakete und bringe sie zur Post, gehe noch einkaufen und spazieren. Das alles verbinde ich gerne und nutze den Flow, der dann entsteht. Und auch, wenn ich es nur mir hängen und würgen schaffe, hilft es trotzdem und mir geht es zumindest etwas besser. Danach gönne ich mir oft Ruhe, bevor es abends dann wieder von alleine etwas besser wird und ich mich auf den Balkon setzte oder eine zweite Runde spazieren gehe. 

So in etwa sah mein Leben in den letzten Monaten aus. Seit meiner Rückkehr aus der Klinik war ich sogar schon zweimal alleine in Hamburg und einmal in Bremerhaven. Das waren sehr schöne Ausflüge, die Mut gemacht und mir gezeigt haben, dass ich oft viel mehr schaffe, als ich mir zutraue. Es ist schon ein großer Unterschied, ob ich mit meinem Mann unterwegs bin und wir Ausflüge machen, bei denen er fährt oder ob ich mich alleine in die große weite Welt traue. Letzteres stärkt mein Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit. Mir geht es immer besser, wenn ich etwas allein schaffe oder mich für mich einsetze. Kommt diese Übung zu kurz, geht es mir wieder schlechter… Gelingt es mir, auch im Kleinen (ja, ich lerne ja dazu;-)), geht es wieder besser. 

Das müssen dann nicht die großen Ausflüge nach Hamburg sein sondern oft reicht es, in mein Heimatdorf Worpswede zu fahren oder in meinen Lieblingswald, der mit dem Auto gut 20 Minuten entfernt ist. Das Gefühl von Heimat heilt meine Seele und zeigt mir auch sehr deutlich, was früher in meiner Kindheit alles auch schön war und gut gelaufen ist. Jedes Mal, wenn ich in Worpswede bin, fallen mir schöne Erinnerungen ein. Ob nun baden, Schlittschuh laufen, Schlitten fahren, picknicken, spazieren gehen,  zusammen Zeit verbringen, reiten… All diese Erinnerungen waren lange Zeit verloren und begraben unter all der Trauer und den Traumata. Seit der Klinik kommen diese schönen, heilsamen Momente oft zurück. Ich spüre richtig, wie sie etwas in mir heile machen. Jetzt, wo ich offen dafür bin und sich die Trauer über meine verlorenen Jugendjahre langsam legt und zu heilen beginnt, bin ich bereit, Heilung auch zuzulassen und mich nicht mehr dagegen zu wehren. Es ist noch sehr schmerzhaft und schwer zu ertragen… Die Tränen fließen im Moment zahlreich und sehr oft. Ja. Heilung ist auch sehr schmerzhaft. Heißt es doch, mich noch einmal intensiv mit vielem auseinanderzusetzen, was passiert ist. Dieser Schritt muss leider sein und bringt noch einmal richtig viel Traurigkeit und Wut mit sich. Aber ohne diese Traurigkeit und diese Wut kann ich meinen Schmerz nicht überwinden und loslassen. Klingt vielleicht komisch aber besser kann ich es nicht erklären. Wenn diese starken Gefühle abflauen, ist ja plötzlich Raum für Neues. Für die Gegenwart. Das Leben im Hier und Jetzt. 

„Mein neues Leben im Hier und Jetzt“ wird nun auch der neue Titel meines Blogs. Es wird weiterhin um meine Leben mit psychischen Erkrankungen gehen. Aber noch mehr um den Umgang damit. Noch mehr darum, wie es mir heute geht; das war bisher zwar auch schon der Fall aber mehr in Bezug auf meine Borderline Störung, die tatsächlich in den letzten Jahren durch viel Therapie deutlich besser geworden ist. Dafür stehen jetzt mehr die Depression und die posttraumatische Belastungsstörung im Vordergrund. Wie der Blog sich dann genau entwickelt, weiß ich selber noch nicht sondern lasse es auf mich zukommen. Auf jeden Fall freue ich mich, wenn ihr auch mit dabei bleibt. Auch, wenn es nicht jeden Tag einen neuen Beitrag geben wird. Bis bald, eure Nina

142. Beitrag

Die erste Woche zuhause ist geschafft:-). Letzte Woche Dienstag ging es nach 10 Wochen Krankenhaus wieder heim und da bin ich nun:-).

Gelandet. In der Realität und im echten Leben. In meiner Wohnung. Im Alltag. Die Vorfreude war groß und ich konnte es in der letzten Krankenhauswoche kaum erwarten, nach Hause zurückzukehren. Nun ist es zum Teil umgekehrt. Ein Teil von mir wünscht sich die Sicherheit des Krankenhauses zurück; der andere Teil ist so froh, dass wieder Ruhe einkehrt und die dauerhaft hohe Anspannung, die eine Traumatherapie mit sich bringt, endlich auf ein normales und erträgliches Niveau sinkt. 

Nun heißt es, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Mir eine Tagesstruktur aufzubauen, wieder arbeiten zu gehen, den Haushalt erledigen, einkaufen und möglichst viel von dem, was ich gelernt habe, in mein neues Leben zu integrieren. „Neues Leben“ schreibe ich ganz bewusst. In der Klinik habe ich nun endgültig verstanden, dass ich alleine dafür zuständig bin und niemand sonst. Weder meine Freunde bzw. Familie noch ein Therapeutenteam. Nein. Ich ganz allein. Zumindest was die Entscheidung für meinen neuen Weg angeht. Denn es ist eine Entscheidungsfrage. Zumindest bei mir. Ich muss mich bewusst dafür entscheiden, nicht mehr in der Opferrolle zu verharren, wenn ich zurück rutsche. Ich kann mich auch dafür entscheiden, im Hier und Jetzt zu leben bzw. Immer dahin zurückzukehren. Ganz bewusst. 

Liege ich zum Beispiel morgens zu lange im Bett und möchte nicht aufstehen, kann ich natürlich liegen bleiben. Wenn ich es zwischendurch mache, kann ich es akzeptieren und annehmen. Manchmal brauchen mein Körper und meine Seele diese Zeit eben. Mal mehr, mal weniger lang. Ich kann mir aber auch einen Wecker stellen und mir fest vornehmen, zu dieser Uhrzeit auch aufzustehen. Hat in der Klinik auch 10 Wochen geklappt. Warum also nicht auch zuhause? 

Im Moment fällt mir das Aufstehen morgens noch schwer, weil ich Angst vor dem Alltag habe. Vor der Alltagsbewältigung. Angst davor, mit all dem Organisatorischen, was noch ansteht, überfordert zu sein. Angst zu versagen? Angst vor der Verantwortung, die ein autonomes Leben mit sich bringt? Angst vor der Angst? Angst vor Ablehnung? Dieser Angst gilt es ganz langsam zu begegnen, indem ich mir nicht zuviel für den Tag vornehme. Am Tag der Rückkehr habe ich nur einen Koffer ausgepackt. Am nächsten Tag erst den zweiten. Zwischendurch habe ich Wäsche gewaschen und mein Bett frisch bezogen. Kleine Dinge, durch die ich langsam wieder zuhause angekommen bin. Durch aktives Handeln. Auch das ist eine Entscheidung. Eine Entscheidung, die ich umsetzen kann und will. In meinem Tempo. Das ist entscheidend! Mich nicht gleich von Anfang an zu überfordern sondern langsam anzukommen. Es braucht eh so lange wie es braucht. Da kann ich nichts erzwingen. Es wird sich schon alles fügen. Wenn ich es denn zulasse; mich einlasse. És mir wert bin, mir die Zeit auch zu geben. Und es zu akzeptieren, wenn es mal nicht so schnell geht. 

Dadurch wird auch die Angst automatisch kleiner. Wenn ich ihr beweise und zeige, dass ich alles im Griff habe und mir sonst auch Hilfe und Unterstützung von außen suche, wenn ich alleine nicht weiterkomme. Wenn ich die Angst annehme, anstatt sie zu unterdrücken. Mich mit ihr an einen Tisch setze und sie anhöre. Ich sie frage: „Wovor genau hast du Angst?“ Dann heißt es für mich zuzuhören und sie ernst zu nehmen. Sie will ja gehört werden und hat eine Botschaft für mich. Diese Botschaft ist nur nicht immer realistisch. Deshalb ist meine Lieblingsantwort stets: „ Wollen wir es nicht mal versuchen?“. Dem ganzen eine Chance geben und mein Leben nicht von der Angst bestimmen zu lassen. Das ist es, woran ich in Zukunft noch mehr arbeiten möchte. Meine Gefühle annehmen und sie auf die Realität überprüfen. Die Intensität der Gefühle wird auch wieder weniger. Sie ebben auch wieder ab. Wie eine Welle. In der Klinik wird dieses Aufschäumen und Abebben der Gefühle auch als Emotionssurfing bezeichnet. Das finde ich sehr passend. Dadurch habe ich weniger Angst davor, meine Gefühle zuzulassen sondern kann sie annehmen; mit dem Wissen, dass sie keinen Besitz mehr von mir ergreifen können sondern ich in der Lage bin, sie auszuhalten. Bis es wieder besser wird. Probiert es mal aus:-). Bis bald, eure Nina

141. Beitrag

Heute ein neuer Beitrag mit guten Neuigkeiten vorweg:-). Heute Vormittag kam endlich der lang ersehnte Anruf aus der Klinik. Am 1.3. habe ich einen Platz auf der Trauma Station bekommen:-). Ich bin so erleichtert und freue mich regelrecht! Nicht auf die Thematiken und auf das, was mich dort erwartet sondern darauf, dass es endlich weitergeht. Darauf, dass ich nun endlich bereit bin, mich dem zu stellen, was passiert ist. Nicht mehr alles nur mit mir auszumachen und still vor mich hinzuleiden sondern endlich drüber reden und vieles verarbeiten zu können. Mich von einer großen Last zu befreien. Abstand zu den sehr belastenden Situationen zu gewinnen. Wieder fröhlicher zu werden; unbeschwerter; freier; gelöster. Ich wünsche mir, wieder mehr vom Leben zu haben. Wieder mehr dabei zu sein und nicht immer gefühlt neben meinen Mitmenschen zu stehen und mich irgendwie unsichtbar zu fühlen. Es ist so viel Leben auch an mir vorbeigezogen und hat gefühlt nur alle anderen Menschen erreicht. Nur mich nicht. 

Das alles hat seine Gründe und Ursachen.  An denen gilt es zu arbeiten. Sie aufzuarbeiten; Alte Muster aufzubrechen; Alte Verhaltensweisen neu zu erlernen. Zu lernen, noch mehr zu vertrauen und aus mir herauszugehen. Mich noch mehr zu zeigen wie ich wirklich bin. Noch mehr ich zu werden. Noch sind mein Schutzpanzer und meine Ritterrüstung viel zu dick, um von außen durchdrungen zu werden. Zu dick, damit mich jemand oder etwas wirklich erreicht. Zumindest aber in einzelnen Momenten gelingt es dann doch. Da wird mein Panzer schon durchlässig. Bestimmte Personen lass ich schon länger an mich ran und zeige mich in sehr privatem Raum, wie ich wirklich bin. Ohne Panzer und Ritterrüstung. Es ist immer öfter möglich und macht mir Mut, weiter daran zu arbeiten und dem Alten, der Vergangenheit, nicht mehr so viel Raum zu geben sondern der Gegenwart. Dem Hier und Jetzt. Ich hoffe und wünsche mir, dass es mir nach dem Klinikaufenthalt besser gehen wird. Ich noch stabiler, stärker, gelassener werden kann. Mit ganz viel Übung und therapeutischer Unterstützung. 

Natürlich ist das ein Wunsch aber ich kann sehr viel tun und dazu beitragen, dass die richtige Richtung eingeschlagen wird. Eine Therapie ist immer nur so gut, wie ich selbst bereit bin, an mir zu arbeiten. Die Hilfe anzunehmen und mich auf die Therapie einzulassen. Zum Glück habe ich bei diesem Punkt absolut keine Bedenken. Ich werde jede Chance wahrnehmen und annehmen, die sich mir bietet. Jeden Moment. Ich weiß, dass eine Therapie kein Wunschkonzert ist. Aber meine Einstellung dazu stimmt. Es wird sich alles fügen. Was passiert, passiert. Und was nicht, das eben nicht. Ich bin sehr froh und dankbar für diese Chance, an mir zu arbeiten und mir dadurch eine noch bessere Zukunft zu ermöglichen. Mir und meinem Leben eine weitere Chance auf Verbesserung zu ermöglichen. Das bin ich mir wert:-). Diese Chance habe ich verdient und darf sie auch annehmen. So wie jeder andere Mensch auch.

Die nächsten zwei Wochen, bis es losgeht, werde ich nicht mehr zu voll packen. Ein bisschen arbeiten, Lebensmittel retten gehen, Haushalt machen. Mir mein Nest, mein Zuhause weiter ausbauen. Und natürlich ganz viel spazieren gehen, meditieren, Freunde treffen, rausfahren. Zum Glück gibt es genug Möglichkeiten, meine Zeit bis zur Klinik gut rumzubekommen. Ohne, dass zu viel Druck entsteht. Denn ich bin ziemlich aufgeregt. Jetzt geht es darum, diese Aufregung liebevoll anzunehmen. Sie hat absolut ihre Berechtigung und möchte auch angesehen und wahrgenommen werden. Es geht um so viel… Da darf ich auch aufgeregt sein:-). 

Gleich werde ich noch einen zweiten Spaziergang für heute einlegen. Oder mich vorher noch ein bisschen auf den Balkon setzten. Erlaubt ist, was gut tut. Und davon erlaube ich mir nun eine ganze Menge:-). Bis bald, eure Nina

 

140. Beitrag

So langsam beginnt die Zeit, wo ich meinen Balkon wieder nutzen kann:-). Sowohl gestern als auch heute habe ich eine halbe Stunde draußen in der Sonne gesessen. Dick eingepackt und gut geschützt gegen die Kälte. Es ist wirklich noch ziemlich kalt draußen aber die Sonne wärmt bereits:-). Einfach hinsetzten, Augen schließen, Kopf in die Sonne drehen, die Seele wärmen lassen, den Umgebungsgeräuschen lauschen und einfach loslassen. Genießen. Entspannen. Zur Ruhe kommen.

Das brauche ich als Ausgleich zum Arbeitsalltag; tatsächlich auch zum normalen Alltag. Ich merke richtig, dass mir die Zeit auf dem Balkon in den letzten Monaten sehr gefehlt hat! Es war einfach zu kalt, zu nass oder zu stürmisch. Meine täglichen Spaziergänge sind ein sehr guter Ausgleich und helfen mir sehr, meine Anspannung abzubauen bzw. sie gering zu halten. Das Sitzen in der Natur bzw. der frischen Luft ist allerdings noch entspannender als das Laufen. Umso schöner, dass es langsam wieder losgeht:-).

Im Arbeitsalltag spüre ich an manchen Tagen sehr, dass ich den Ausgleich brauche. Es geht besonders darum, meine eigenen Grenzen wahrzunehmen und gut auf mich zu achten. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig zu arbeiten. Ich muss jeden morgen wieder aufs Neue  wahrnehmen, was an diesem Tag möglich ist. Wie gut habe ich geschlafen? Wie fit fühle ich mich? Wie hoch ist meine Spannkraft?

Das geht besonders gut, wenn ich nach dem Aufwachen noch einige Zeit liegen bleibe, mich recke und strecke und dadurch meinen Körper spüre. Nehme ich ihn wahr, fange ich an, in mich hineinzuspüren. Wie ist die Stimmung? Die Anspannung? Beschäftigt mich etwas, was Klärung bedarf? Welche Gedanken gehen mir durch den Kopf? Diese Fragen bzw. die Wahrnehmungen helfen mir sehr dabei, meinen Tag zu strukturieren. Mich auch ein Stück weit zu motivieren. Um dann aufzustehen. Was nach wie vor schwer fällt. Durch die Depression leide ich nach wie vor an Antriebslosigkeit. Würde am liebsten einfach im Bett bleiben und weiterschlafen. Die lange Dunkelheit und Kälte des Winters machen es nicht leichter. Manchmal könnte ich früher aufstehen, traue mich aber nicht, weil ich Angst davor habe, nicht zu wissen, wie ich meinen Tag rumbekommen soll, wenn er so lang ist. Um den ganzen Tag voll zu arbeiten, fühle ich mich noch nicht bereit. Zudem würde es im Moment auch keinen Sinn machen, da ich in Kürze zur Traumatherapie in die Klinik gehe. Der Termin steht allerdings noch nicht fest. Erst sollte es Februar werden, jetzt erst März… Diese Ungewissheit nervt und lähmt mich zugleich. Verstärkt meine Antriebsschwäche und oft auch die Depression. Ich fühle mich noch zu oft von äußeren Situation beeinflusst; finde mich selber noch zu oft in der Opferrolle wieder. Mit dem Gefühl, dass Situationen, Menschen und manchmal auch das ganze Leben Einfluss auf mich nehmen- und ich mich nicht dagegen wehren kann. 

Dieses Gefühl ist ziemlich stark und nimmt noch zu oft Überhand. Deshalb möchte ich unbedingt zur Traumatherapie, um an den Hintergründen zu arbeiten. Die Opferrolle, in die ich immer wieder rutsche, hat ja ihren Grund… Immer wieder haben Menschen Grenzen überschritten, die sie niemals hätten überschreiten dürfen…. Das hinterlässt Spuren und die Narben, die noch nicht verheilt sind. Vielleicht auch nie ganz verheilen werden,  das Leben aber trotzdem noch leichter für mich werden kann. Ich hoffe und wünsche mir, die Opferrolle durch die Traumatherapie größtenteils hinter mir lassen zu können. Nicht immer wieder zurückzurutschen sondern mehr in der Gegenwart, im Erwachsenenleben, zu leben und bleiben zu können. Immer mehr im Hier und Jetzt verankert zu sein.

Achtsamkeitsübungen, wie zum Beispiel draußen die Augen zu schließen und mich nur auf die Sonne im Gesicht zu konzentrieren, ohne sie zu bewerten, helfen mir jetzt schon sehr dabei, im Hier und Jetzt zu bleiben bzw. wieder zurückzukehren, wenn im Kopf zu viel los ist; ich nicht runterkomme; nicht wirklich bei mir ankomme; mich nicht spüre; die negativen Gedanken überhand nehmen. Ebenso, besonders für den Winter, meine geliebte Atemmeditation. Durch die tiefe Bauchatmung komme ich wieder zu mir. Die Bauchatmung hilft mir auch in stressigen Alltagssituationen sehr! Sei es eine lange Schlange an der Kasse, viel Arbeit, Situationen, die mich getriggert haben… Die volle Konzentration darauf, tief in den Bauch zu atmen, ist immer und jederzeit möglich. Ist immer verfügbar. Und bringt mich zuverlässig wieder zu mir zurück. In meinen Körper; ins Hier und Jetzt. Sie lässt mich spüren, dass ich am Leben bin:-). Anwesend bin und ich, solange ich lebe, die Möglichkeit habe, etwas zu verändern. Mir Hilfe zu holen, wenn ich alleine nicht weiterkomme. Das ist legitim. Mir steht es genauso zu wie allen anderen Leuten auch. Auch, wenn meine kleinen Teufelchen das Gegenteil behaupten. Ich werde sie überzeugen und hoffe, dass es mit der Traumatherapie bald losgeht, damit das Warten ein Ende hat. Dann sind sicherlich Antrieb und Motivation von alleine wieder zurück:-). Ich werde euch auf dem Laufenden halten. Bis bald, eure Nina