137. Beitrag

So langsam kehrt Ruhe in meinem Leben ein, sodass ich wieder mehr Zeit für meinen Blog finde. 

Mir hilft das Schreiben sehr dabei, von meinem Gedankenkarussell Abstand zu gewinnen und wieder auf eine vernünftige Ebene zu kommen, auf der ich mein Leben gut im Griff habe; mir wieder näher bin; mich wieder ordnen, klarer denken kann, aufnahmefähiger, rationaler bin und mein Leben dadurch viel einfacher ist. Ich fühle mich dann nicht mehr so von meinem Gedankenkreiseln getrieben sondern bekomme wieder die Kontrolle darüber. Über mein Denken, Fühlen, Handeln. In meinem Kopf ist nämlich ordentlich was los. Viele Gedanken und Gefühle, die durch Erinnerungen, Verhaltensweisen, Gerüche, Musik, etc. immer wieder aufgewühlt werden und dann sehr schnell sehr heftig werden können. Meine Stimmung kippt dann sehr schnell. Scheinbar aus dem nichts. Und doch hat es immer einen Grund. Entweder ist er für mich kurze Zeit später ersichtlich, da ich viele Auslöser kenne oder es braucht eben Zeit und neue Erkenntnisse, um Auslöser zu identifizieren. 

Mittlerweile geht es für mich nicht mehr darum, Situationen komplett zu meiden oder zu verhindern, in denen Auslöser offensichtlich sind sondern zu lernen, damit umzugehen. Vermeide oder verhindere ich bewusst Situationen, in den Stimmungsschwankungen vorprogrammiert sind, schränke ich mein Leben beträchtlich ein! Dann dürfte ich im Prinzip überhaupt nicht mehr rausgehen und am Leben teilnehmen. Das ist aber nicht das, was ich möchte. Ich möchte ja rausgehen und am Leben teilnehmen. Ich möchte unter Menschen sein, mich als ein Teil von ihnen fühlen. Mich zugehörig fühlen. Ich möchte rausgehen und leben und mich nicht immer wieder von allem zurückziehen. Denn das tue ich seit Jahren. Seit meinem Zusammenbruch 2012. 

Zum Glück habe ich in dieser Zeit in Therapien viel lernen dürfen. Zum Beispiel auch, mit eben jenen Situationen umzugehen, die schwere Stimmungsschwankungen auslösen. In erster Linie ging es in der Therapie oft darum, zu verstehen, dass jede Gefühlsschwankung, egal wie stark sie auch ist, wieder abnimmt und abschwillt. Diese extremen Spitzen halten nur ganz kurz an und gehen dann auch von alleine wieder zurück. Es ist nichts was ewig bleibt. Es kommt und geht. Wie eine Welle. Ich habe verstanden, dass ich diese Stimmungsschwankungen nicht vermeiden kann- egal wie viel Mühe ich mir gebe bzw. wie sehr ich mich zurückziehe. 

Das zu verstehen und zu akzeptieren war für mich der erste Schritt zur neuen Freiheit. Ich habe mir ja mein eigenes Gefängnis gebaut, indem ich mich immer wieder zurückgezogen und zuhause vergraben habe. Und genützt hat es mir letztendlich auch nicht. Das Ergebnis war, dass ich mich jahrelang total einsam gefühlt habe; abgeschottet, ausgegrenzt in meinem eigenen inneren Gefängnis. Innerlich zerrissen und gefangen. Die Einsamkeit hat mich so sehr gequält und aufgefressen… Es hat sich angefühlt, wie lebendig begraben zu werden. Ein sehr schlimmes Gefühl und eine schwere Zeit. 

Bis ich mit meinem Blog angefangen habe. Bis ich angefangen habe zu mir zu stehen und mich nicht mehr zu verstecken; mich langsam aus meinem Gefängnis zu befreien; mich langsam wieder auszubuddeln und auszugraben. Ab diesem Moment begann dann ganz langsam wieder ein „normales“ Leben. Ein Leben, in dem ich verstanden habe, dass ich nicht alles kontrollieren und verhindern kann. Dass ich manche Situationen und Menschen akzeptieren muss wie sie sind. Und trotzdem mit beidem leben kann. 

In der Therapie und durch Meditationen bin ich auf bestimmte Atemtechniken gestoßen, die mir in stressigen Situationen dabei helfen, mich nicht zu verlieren; bei mir zu bleiben, mich weiter zu spüren und meinen Herzschlag zu regulieren. Besonders gut geht es über die tiefe Bauchatmung. Da spüre ich mich sehr gut und verstehe auch, dass ich noch am Leben bin. Die Bauchatmung hilft mir auch dabei, in stressigen Situationen nicht wegzudriften; in eine Dissoziation abzurutschen. Das ist mir früher oft passiert, wenn mir eine Situation zu viel geworden ist. Dann hatte ich immer das Gefühl, aus meinem Körper herauszutreten und neben mir zu stehen; die Situation von außen zu betrachten. In ganz krassen Fällen, als ich einmal durch einen vollen Bahnhof gelaufen bin, hatte ich es sogar, dass ich über mir geschwebt bin und alles von oben gesehen habe. Der Bahnhof war brechend voll und  extrem laut aber ich habe die Stimmen nur noch als leises Gemurmel wahrgenommen. Als ich durch den Bahnhof durch war und es wieder leiser und überschaubarer wurde, bin ich wieder in meinen Körper zurückgekehrt. 

Das sind natürlich Extremfälle, die nur ganz selten in dieser Intensität vorkamen aber durch die Bauchatmung schaffe ich es schon seit langer Zeit, solche Situationen zu vermeiden. Ich habe mittlerweile auch keine Angst mehr vor solchen Situationen. Ich weiß, dass sie immer mal wieder auftauchen können. Ich weiß aber auch, dass ich damit umgehen, sie abfedern, annehmen und akzeptieren kann. Es gehört einfach zu meinem Leben dazu. Wenn ich am Leben teilhaben möchte, muss ich auch damit leben, dass es immer zu schwierigen Situationen kommen kann. Deshalb habe ich mich entschieden, es einfach in Kauf zu nehmen. Ansonsten würde ich so viel verpassen, für das es sich zu leben lohnt. So viele schöne Momente, Augenblicke und so viel schönes, was noch dazugehört. Es ist, was wir selber draus machen. Es ist unser Leben und wir alleine entscheiden, wie wir damit umgehen. In diesem Sinne: Verwöhnt euch ein wenig. Vielleicht mit einer leckeren Tasse Kaffee oder Tee? Einem Spaziergang? Einem Bad in der Wanne? Was braucht ihr heute, damit es euch gut oder besser geht? Ihr könnt mir auch gerne schreiben und mir erzählen, womit es euch gut geht oder was euch hilft. Ich freue mich von euch zu hören:-). Bis bald, eure Nina

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert