75. Beitrag

Das heutige Thema fiel mir eben beim puzzlen ein. Bzw. oft ist es so, dass viele Themen in mir schlummern, sie aber noch nicht ausgereift sind, um darüber zu schreiben. Oft fehlen mir auch die richtigen Worte. Oder Erkenntnisse. Die Gedanken kreisen in meinem Kopf herum, können aber noch keinem konkreten Thema zugeordnet werden, da noch Teilstücke zur Erkenntnis fehlen. Oder die richtigen Worte.

Jedenfalls kam mir eben beim puzzlen die Erkenntnis, weshalb ich so gerne Skispringen gucke. Es hat was mit dem Thema „Grenzen ausloten“ zutun. Gott sein Dank reicht es mir heute aus, bei anderen zuzuschauen, wie sie an die äußersten Grenzen gehen. Geschwindigkeit und Höhe sind die Aspekte, um die es auch bei mir früher ging. Ich bin früher des Öfteren mit voller Geschwindigkeit über die Autobahn gerauscht oder auf Bahngleisen spazieren gegangen und kurz bevor der Zug kam von den Gleisen gesprungen. Das hat mir immer einen ziemlichen Kick gegeben und mir diverse Adrenalinräusche verschafft. Und das alles immer mit dem vollen Wissen im Hinterkopf, dass es auch schief gehen kann… Das war mir absolut bewusst. Und trotzdem habe ich es immer wieder gemacht. Habe das Schicksal herausgefordert und die Gefahr gesucht. Frei nach dem Motto: Höher, schneller, weiter. Je riskanter desto besser. Desto mehr habe ich mich gespürt. Desto mehr habe ich mich lebendig gefühlt. In diesen Momenten habe ich voll und ganz gespürt, dass ich am leben bin.

Zum Glück habe ich in der Therapie gelernt, dass es auch ungefährlichere Wege gibt, mich zu spüren; mich wahrzunehmen; zu spüren, dass ich am leben bin. Ich musste über die Jahre überhaupt wieder einen Bezug zu mir bekommen. Schauen, wer ich bin und was mich ausmacht. Erst, nachdem ich mich wiedergefunden habe, konnte ich in der Therapie gezielt nach Wegen suchen, mich auf eine sanfte, liebevolle Art und Weise zu spüren. Ohne Adrenalinrausch im Hintergrund, der „nur“ ein Ausdruck der Extreme ist, in der ich gelebt habe und den ich im Einzelfall auch noch immer lebe. Natürlich spielt im Hintergrund auch heute noch das Thema Selbstzerstörung (destruktives Verhalten) eine Rolle. Das ist leider ein sehr typisches Merkmal dieser Erkrankung. Ich würde es heute mit einem trockenen Alkoholiker vergleichen. Man bleibt immer gefährdet, denn die Sucht bleibt. Bei einem Alkoholiker die Sucht nach Alkohol. Bei einem Borderliner die Sucht, sich selber zu verletzen- auf welche Art und Weise auch immer. Sei es ritzen, sich gedanklich selber immer wieder runtermachen und sich klein halten oder eben das sogenannte „Hochrisikoverhalten“ (z.B. zu schnelles Autofahren). Und viele weitere Art und Weisen, sich selber zu schaden.

Es geht heute darum, dass ich mir absolut bewusst darüber bin, dass ich niemals wieder gesund werde sondern mein Leben lang mit dieser Störung (und den Begleiterkrankung, wie z.B. Depressionen) leben muss. Das zu akzeptieren und zu verstehen ist der wichtigste Schritt überhaupt!! Ohne die Akzeptanz wird ein vernünftiges Leben nicht möglich sein. Für mich war damals, als ich die Diagnose bekommen habe, am wichtigsten, zu wissen, dass es Wege gibt, mit der Erkrankung zu leben. Dass ich lernen kann, damit umzugehen und trotzdem ein lebenswertes Leben leben kann.

Dass es jeden Tag eine Herausforderung ist, war mir damals nicht unbedingt bewusst. Aber heute muss ich „leider“ sagen, dass es so ist. Jeder Tag ist anders. JederTag hält neue Herausforderungen bereit, die mich momentan oft an die Grenzen meiner Balastbarkeit bringen… Deshalb lenke ich mich momentan extrem mit puzzlen ab. Puzzlen ist für mich wie eine Meditation. Da vergesse ich alles um mich herum und kann mich komplett fallen lassen. Das hilft mir extrem. Ansonsten gehe ich weiterhin jeden Tag spazieren, geniesse dabei die frische Luft und die Bewegung. Außerdem beginne ich langsam mit dem Frühjahrsputz. So wird es immer sauberer bei mir und alles findet wieder seinen Platz. Ich mag es sehr, wenn ich meine eigene Ordnung und Struktur habe. Wenn ich weiß, was kommt und wo alles liegt, was ich im Alltag so brauche.

Das hilft mir alles durch schwerere Zeiten. Ebenso mein Antidepressivum. Und natürlich meine Lieblingsbeschäftigung: Schlafen;-). Ganz viel schlafen. Zum Glück klappt das momentan recht gut. Vielleicht, weil ich den Tag über doch häufig sehr aktiv bin. Alleine mit putzen, spazieren gehen, einkaufen, etc. verbringe ich mehrere Stunden am Tag. Dann darf ich auch ein paar Stunden mehr schlafen als sonst;-). Und genau das werde ich gleich auch tun. Und euch weiter en meinem Leben teilhaben lassen:-).

Bis bald, eure Nina

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